'Was für eine blöde Überschrift' werden manche jetzt denken. 'Du bist in der Pubertät! Natürlich verändert sich dein Körper!'
Ja ihr habt Recht. Vor der Chemo begannen meine Brüste zu wachsen und ich bekam meine Tage. Außerdem wuchsen überall Haare wo vorher keine waren. Von Pickeln blieb ich größtenteils verschont.
Ich war also ein ziemlich normaler Teenager.
Das änderte sich jetzt allerdings!
Als erstes bekam ich Hormontabletten. Die musste ich ab jetzt jeden Tag nehmen. Sie verhinderten, dass ich meine Tage bekam, denn durch die Chemo veränderten sich auch meine Blutwerte. Dadurch hatte ich auch ohne Menstruation manchmal zu wenig Blut.
Etwa 2 Wochen nach der ersten Chemo begannen meine Haare auszufallen. Alle Haare! Ja, sogar die Augenbrauen und Wimpern! Die Kopfhaare ließen sich allerdings Zeit komplett auszufallen. Zwar fielen sie beim Kämmen büschelweise aus, aber einige Haare hielten sich hartnäckig. So sah ich nach kurzer Zeit ziemlich merkwürdig aus und meine Mutter rasierte schließlich die restlichen Haare ab. Alle meinten, dass es wohl schlimm sei meine Haare zu verlieren. Ich fand das allerdings alles andere als schlimm. Erstens war ich immer unzufrieden mit meinen dünnen, platten Haaren gewesen und hatte gehört, dass sie anschließend schöner nachwachsen. Zweitens fand ich nach einer kurzen Gewöhnung meine Glatze ziemlich toll. Sie sah gut aus und ich brauchte nur noch mit dem Waschlappen drüber gehen, fertig!
Als meine Haare dann nach der Chemo wieder zu wachsen begannen waren sie tatsächlich anders als vorher. Bislang hatte ich glatte, dünne Haare, jetzt hatte ich plötzlich den ganzen Kopf voller Locken! Mir gefiel's!
Im Verlauf der Behandlung veränderte sich mein Körper auch durch äußere Einflüsse. Die Anzahl meiner Narben erhöhte sich. Zum einen durch eine weitere OP, bei der nicht nur der Tumor, sondern gleich das ganze Schlüsselbein mit entfernt wurde. Die Narbe reicht nun vom Anfang der Schulter bis zur Mitte des Halses.
Zum anderen wurde mir ein Broviac-Katheder gelegt über den ab dann die Chemo gegeben wurde. Dieser Katheder wurde oberhalb der Brust unter die Haut und dann im Hals in die Hohlvene gelegt. Dazu wurden 2 Schnitte gemacht. Einmal für die Eintrittstelle oberhalb der Brust und einmal am Hals wo der Schlauch dann in der Vene verschwindet. Beim Herausnehmen wurde ein dritter Schnitt dazwischen gemacht, da der Schlauch inzwischen festgewachsen war.
Aber nicht nur äußerlich veränderte sich mein Körper. Auch innerlich zerstörte die Chemo mehr als nur den Tumor.
Beispielsweise meine Nerven. Nach einiger Zeit begannen meine Zehen zu kribbeln, dann die Füße, die Unterschenkel und schließlich auch die Hände. Das war besonders schlimm, denn ich konnte kaum noch etwas anfassen ohne Schmerzen zu haben. Meine Schwester nähte mir sogar Handschuhe und die halfen tatsächlich etwas.
Es war auch sehr unangenehm, wenn sich meine nackten Füße berührten. Ich konnte also nur noch mit Socken schlafen.
Nach der Chemo ging das Kribbeln langsam wieder weg. In den Füßen spüre ich es allerdings immer noch. Mal mehr, mal weniger. Und manchmal auch in den Händen.
Auch mein Gehör litt unter der Chemo. Inzwischen kann ich Töne ab einer bestimmten Höhe nicht mehr hören. Das Piepen eines Fieberthermometers zum Beispiel oder das Zirpen der Grillen.
Was sich auch änderte war mein Schamgefühl. Wenn regelmäßig irgendwer deinen nackten Oberkörper sieht, um ihn abzutasten, Schläuche am Broviac oder Verbände zu wechseln oder dir beim waschen zu helfen, verlierst du irgendwann jedes Schamgefühl. Mir war es egal wer mich nackt sah. Musste ja irgendwie sein.
Und wer weiß wer mich in den ganzen OPs alles sah, aber davon erzähle ich euch beim nächsten Mal.
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